'Wir kommen zu spät, beeil dich! Wieso hat denn der Wecker
nicht geklingelt? Wir haben total verschlafen!' Ich war todesverärgert. Das
konnte doch nicht sein. Plötzlich summte etwas bekanntes über meinem Kopf und
riss mich aus meinem Schlaf. Ich öffnete die Augen. Dunkelheit. Der Wecker
hatte mich von meinem grauenvollem Traum befreit. Ich warf einen Blick auf mein
Handy. Die 2:30 leuchtete mir hell entgegen. Erst jetzt bemerkte ich die
Müdigkeit. Ich will sofort weiter schlafen, es war ja noch mitten in der Nacht?
Warum war ich überhaupt aufgestanden? Verwirrt drehte ich mich auf die Seite.
Jemand rüttelte an meiner Schulter. "Komm, wir müssen aufstehen!"
Zehn Minuten später stand ich mit meinem viel zu großen
Pulli in der kalten Dunkelheit. Nichts war zu hören. Ein Lichtstrahl fiel mir
ins Gesicht. Ich musste lächeln. Eine warme Hand fasste meine und wir stapften
los. Der Weg war anfangs noch flach und ich setzte ein ordentliches Tempo an.
Nach einer halben Stunde war ich schon ganz schön außer Puste. Links und rechts
war nur Wald. Immer wieder das knacken von Ästen. Ich hatte Angst. Wir waren
ganz alleine. Ich schaute nach rechts in die Dunkelheit. Furchteinflößend.
Nachdem wir ein paar weitere Meter hinter uns gebracht haben lichtete sich der
Wald. Das Wasser des Walchensees glitzerte im Mondschein. Mystisch, war das
einzige was mir einfiel um diese Nacht zu Beschreiben.
Wir gingen weiter. Uns wurde warm und wir legten immer mehr Klamotten ab, die
wir in unseren Rucksack packten. Dieser wurde immer voller, unsere Flaschen
jedoch immer leerer. Irgendwann hatten wir nichts mehr. Scheiße. Wir hatten
noch die Hälfte vor uns. "Lauf nicht so schnell! Sonst kannst du nicht
mehr bevor wir oben sind!" Ich konnte jetzt schon nicht mehr. Immer öfters
mussten wir Pause machen, weil ich schnaufte wie ein Walross. Doch mein Wille
trieb mich an. Ich wollte das große Naturspektakel nicht verpassen. Ich wollte
unbedingt rechtzeitig kommen. Also liefen wir weiter. Ich spürte den Schweiß
über meine Stirn laufen, Haare klebten überall. Ich musste Tomatenrot sein,
dachte ich mir. Doch das war mir egal. Hauptsache wir kamen rechtzeitig. Es
wurde immer steiler und steiler. noch waren wir alleine hier, doch ich hörte
Stimmen, die näher kamen. Noch weit weg. Eine Bank. Ich brauchte unbedingt
Wasser, sonst konnte ich gar nicht mehr, der Mund war trocken. Wir hörten
Wasser und sahen uns an. Ich liebte sein Lächeln. Wir stapften noch ein paar
Meter hoch, dann sahen wir ihn, den Bach. Ich lief hin, formte meine Hände zu
einer Schale und ließ Wasser hineinlaufen, trank. Dieses Gefühl war
unbeschreiblich. Wir tranken beide noch ein wenig und füllten unsere Flaschen
auf. Noch nie hatte ich Bergwasser getrunken. Ich war glücklich.
4:30 Uhr. Ich konnte die Spitze sehen. Zwar noch weit weg, aber sie war da. Wir liefen
noch ein paar Meter, dann waren wir an einer Weide. Der Ausblick war
Atemberaubend. Das Tal, die Berge. Es war zwar noch Dunkel, aber Ein Orange
flimmerte schon am Horizont. Ab jetzt lief ich noch schneller vorwärts. Ich
wollte unbedingt ganz hinauf! Die Hütte sah ich schon. Dann waren wir da. Wir setzten uns auf die
Bänke des Biergartens und legten die Köpfe in den Nacken. Noch den steilen schmalen Pfad mussten wir
hinauf und dann sollten wir endlich oben sein. Der Himmel wurde immer heller.
Ich bekam Angst, dass wir es nicht hoch schaffen würden, bevor die Sonne hinter
dem Bergpanorama auftaucht. Wir tranken noch einen großen Schluck und weiter
ging es auch schon. Eine lange Pause konnten wir uns nicht mehr leisten, so
gern wir auch wollten denn es war schon zu spät. Dann packte mich der Ehrgeiz.
Ich dachte nur noch daran, dass ich auf der Stelle bis ganz nach oben will, bis
ganz an die Spitze und vergaß dabei meine schmerzenden Füße, meine Brennende
Lunge und meine verspannten Muskeln. Nur noch hoch wollte ich, nur noch hoch
und begann schon fast zu rennen. Den ganzen steilen, steinigen Weg liefen wir
hoch obwohl ich eigentlich schon nicht mehr konnte, doch die Vorfreude ließ
alles drum herum vergessen. Nur noch hoch wollte ich. Wir liefen schneller als
davor, obwohl wir beide am Ende unserer Kräfte waren. Das letzte Stück bestand
nur noch aus Felsbrocken, die man hochklettern musste und ich mit meiner
Höhenangst, das war nicht lustig, doh dann waren wir endlich endlich oben! Nach
drei Stunden "laufen" standen wir ganz auf der Spitze! Und als wir dann
bis ganz an den Rand der Klippe traten, da blieb mir echt die Spucke weg. Das
Bergpanorama war Atemberaubend und alles war in das morgendliche Licht
getaucht. Dies alles spielte so gut zusammen, das war echt Wahnsinn! Mein
Freund und ich, wir nahmen uns in den Arm und küssten uns im Sonnenaufgang auf
der Spitze des Berges. Atemberaubend, wirklich, das muss man einmal erlebt
haben.
Wir schauten in den Horizont und langsam, ganz langsam erschien ein leuchtend
Gelber Punkt hinter den Bergen. Der Höhepunkt unserer Wanderung war nun
erreicht, und der ganze Weg und die Müdigkeit nach drei Stunden Schlaf plus
drei Stunden Wanderung war alles vergessen, nur der Moment zählte, der
Sonnenaufgang.
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